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Think-Pair-Share

29.2.2016 | 7 Minuten Lesezeit

Instead of beginning with the tedious task of explaining flush, royal flush, pairs, and so on to teach poker, deal the cards and play the game.
Michael Allen’s Guide to e-Learning, 2003, p.202

Auf diesem Wege habe ich das Pokern gelernt. Ich beherrsche es nicht perfekt. Pokern stellt für mich ein komplexes Spiel dar und meine Erfolgschancen verringern sich, wenn sich die Spieler, Umgebung oder sogar die Lichtverhältnisse im Raum ändern. Allerdings kenne ich die Regeln und kann sie heute noch aus dem FF anwenden.

Ich erinnere mich an Workshops, in denen ich als Teilnehmer in einem Raum saß und theoretische Grundlagen zu einem Thema durch frontale Beschallung vermittelt bekommen sollte. Weil sie immens wichtig waren, musste ich meine volle Aufmerksamkeit darauf lenken. Ständig war ich beschäftigt, das Gesprochene nachzuvollziehen, zu verstehen und auch mit den kleinen, plötzlich auftretenden Aufgaben in meinem Kopf (Einkaufen, Rechnung x bezahlen, etc.) umzugehen. Als ich den Anschluss verpasste, machte ein weiteres Zuhören wenig Sinn. Ich habe mir wichtige Schlagwörter gemerkt, um sie dann später zu googlen und selbst zu erarbeiten. Dies machte den gesamten Workshop überflüssig.

Was soll mich zukünftig dazu motivieren, an einem Workshop teilzunehmen, wenn ich mir die Information zu jedem beliebigen Zeitpunkt und an jedem Ort beschaffen kann?

Diese Frage habe ich mir gestellt als ich mit meinen Kollegen von einem Kunden für einen Workshop eingeladen wurde. Der Kunde wollte gerne wissen, was Agilität ist und wie er es für sich nutzen kann.
In meinen üblichen Workshops habe ich versucht, den Teilnehmern mittels eines PowerPoint-Vortrages die theoretischen Grundlagen über empirische und definierte Prozesse, das Agile Manifest und natürlich dessen 12 Prinzipien zu vermitteln. Ich war mir nie sicher, ob ich die Themen tatsächlich vermittelt hatte. Anhand meiner eigenen Erfahrungen als Zuhörer gehe ich davon aus, dass in der frontalen Präsentation nur ein Bruchteil der Informationen aufgenommen und verstanden wird.
Ein besonderes Augenmerk lege ich auf das Verstehen und Begreifen des Agilen Manifests. Dies ist mir besonders wichtig, da es aus meiner Sicht das Fundament darstellt, um die zahlreichen agilen Methoden und Praktiken zu erfassen.
Mein Professor sagte einmal in einem seiner Vorträge, dass er am liebsten eine Rückwärtsrolle machen würde, sobald eine Information immens wichtig sei. Seine Absicht war, wichtige Informationen visuell zu verknüpfen und etwas „merk-würdiges“ zeitgleich zu tun.
Ich stelle mir nun vor, dass ich 4 Rückwärtsrollen für die Agilen Werte und anschließend 12 für die Prinzipien mache. Es wäre sicherlich „merk-würdig“, aber meinerseits leider nicht durchführbar.

Diesmal anders

Wie kann ich nun in einer kurzen Zeit einen guten Lerneffekt erzeugen, ohne akrobatische Künste in meinen Vortrag einzubauen? Ich habe mich zu diesen Thema mit Experten (Lehrern) zusammengesetzt, die Wissen seit Jahren vermitteln und gefragt wie sie diese Art des Lernstoffes an ihre Schüler weitergeben. Sie haben überwiegend die Erfahrung gemacht, dass die Schüler am nachhaltigsten lernen, wenn sie sich eigenständig Gedanken zu der Thematik machen und diese im Austausch aktiv anwenden. So können sie ihr Wissen über einen längeren Zeitraum konstruktiv nutzen.
Diese Vorgehensweise wollte ich anwenden und habe meine Methoden zur Vermittlung des Lernstoffs dementsprechend angepasst.

Thema einleiten

Um in das Agile Manifest einzusteigen, habe ich die Historie von Agilität anhand von PowerPoint Folien vorgetragen, um eine Verbindung zu diesem Thema aufzubauen. Ich bin prinzipiell nicht gegen Folien oder Flipcharts, da sie gut zur visuellen Unterstützung des Gesprochenen dienen.

Verbindung aufbauen und Energie Level erhöhen

Die erste aktive Gestaltung der folgenden Lernsektion soll dazu dienen, die Teilnehmer nach einem kleinen Vortrag zu aktivieren. Hierfür bietet sich an, die Teilnehmer aufstehen zu lassen und sie bitten, sich bei unzutreffenden Aussagen wieder zu setzen. Diese Übung liefert auch einen ersten Einblick über den Wissenstand der Teilnehmer. Als Moderator hat man damit auch die Möglichkeit, die Erkenntnisse in die weitere Planung einfließen zu lassen.

Wie die Set the Stage Phase einer Retrospektive dazu dient, die Teilnehmer ankommen zu lassen, ist die Absicht der folgenden Aktivität, die Teilnehmer an das Thema heranzuführen und motivierend einzubinden. Hierbei muss darauf geachtet werden, dass möglichst viele Teilnehmer zu Wort kommen. Dies regt auch bereits zu ersten Diskussionen an. Das Energielevel und die Aufmerksamkeit der Teilnehmer kann durch die Fragestellung und durch Praxisbeispiele positiv beeinflusst werden.

Die Interaktion mit den Teilnehmern kann dadurch gefördert werden, indem nur die rechten Werte des Agilen Manifest bereits beklebt sind und anschließend gemeinsam die linken Werte ausfindig macht und sie dort beklebt. Als Moderator hat man hier die Möglichkeit, Beispiele anzubringen oder Verständnisfragen zu stellen.

Nach Erläuterung und Diskussion der Werte habe ich die 12 Prinzipien (jeweils eines auf einem Blatt) auf die Teilnehmer verteilt. Da die nächsten Schritte eine Gruppenarbeit beinhaltet, ist es ratsam die Prinzipien so zu verteilen, dass Personen sich zusammen finden, die seltener miteinander arbeiten. Die Distanz zueinander in der Sitzordnung kann ein Indikator hierfür sein. Alternativ kann man die Teilnehmer auch durchnummerieren oder die aktiven mit den passiven Teilnehmern verbinden.

Das folgende Bild dient zur Verdeutlichung der Verteilung.

Was ich ganz gerne mache, ist den Teilnehmern die einzelnen Schritte der Übung im Vorfeld zu erklären, damit sie ein Ziel haben und sich auch darauf einstellen können. Die Zieltransparenz ermöglicht den Teilnehmern, den Sinn dieser Übung zu sehen und dadurch auch sich einzubringen.

Die Übung besteht aus den drei Schritten Think, Pair und Share, in denen sich die Teilnehmer aktiv mit dem Thema auseinandersetzen und sich untereinander austauschen.
Diese Schritte werden im Folgenden beschrieben.

Think

Hier sollen die Teilnehmer sich ca. 2 bis 3 Minuten Zeit nehmen, um sich über ihr vorliegendes Prinzip Gedanken zu machen. Da sie im nächsten Schritt ihrem Partner das Verstandene wiedergeben sollen, werden sie vorher darauf hingewiesen, dass sie sich entsprechend vorbereiten.

Pair

In diesem Übungsschritt sollen sich die Partner ausfindig machen und ihr jeweiliges agiles Prinzip wiedergeben. Den Partner kann man beispielsweise durch farbige Markierungen auf der Rückseite der Kärtchen festlegen. Der Partner hat hier die Möglichkeit, das Wiedergegebene zu vervollständigen. Anschließend erfolgt eine Teach-Back-Situation, in der das nächste Prinzip unter den Partnern erläutert und um neue Erkenntnisse angereichert wird.

Die Dauer der Übung sollte ca. 6 Minuten betragen, so dass jeder Partner die Möglichkeit hat, sein Prinzip zu erläutern, Feedback einzuholen und das Wissen nochmals zu verfeinern.

Während des Pairings sind beide Partner gezwungen, ihre Erkenntnisse verständlich auszuformulieren. So haben sie bereits den ersten Schritt erreicht, das Erarbeitete zu verinnerlichen.

Share

Nach dem Pairing gehen anschließend die Paare nach vorne und präsentieren ihre Ergebnisse. Sie präsentieren ihre Ergebnisse vor der Gruppe so, dass sie prägnant und verständlich formuliert werden. Da sie einen nahezu ähnlichen Wissenstand wie die Gruppe haben. Dies vereinfacht den Transport der Information um einiges und die anderen Teilnehmer können die Information besser aufnehmen.

Als Moderator hat man hier die Möglichkeit das Wiedergegebene ebenfalls durch positives Feedback zu verstärken oder die Aussagen zu ergänzen.

Was kam dabei heraus und was habe ich gelernt?

Es war sehr spannend zu sehen, wie aktiv sich die Teilnehmer dabei unterstützt haben, das Agile Manifest und die 12 Prinzipien zu verstehen. In den Diskussionen fanden sich auch Situationen, die das reale Projektleben betrafen und die Fragestellung, wie die agilen Werte und Prinzipien sie hier unterstützen könnten.

Eine weitere spannende Diskussion, die wir geführt haben, drehte sich um das Prinzip „Einfachheit — die Kunst, die Menge nicht getaner Arbeit zu maximieren — ist essenziell.“

Die Vortragenden waren der Meinung, dass dieses Prinzip sich selbst widerspricht, da es kompliziert formuliert ist. Um es den anderen Teilnehmern verständlicher wiederzugeben, haben sie das Prinzip wie folgt zusammen gefasst: „Einfachheit ist essenziell.“ Die Wiedergabe des erworbenen Wissens mit eigenen Worten innerhalb der Gruppe trug zum besseren Verständnis unter den Teilnehmern bei. Unter dem Motto „Einfachheit ist essenziell“ kann ich hier abschließend ein Fazit ziehen.

Je simpler man ein Problem formulieren kann, desto besser hat man es selbst durchdrungen und desto einfacher ist das für andere zu verstehen. Diese Übung hat dazu beigetragen, die Einfachheit in den Lernprozess einzubringen.

Insgesamt habe ich eine sehr gute Erfahrung gemacht. Auch im Hinblick darauf, dass die Teilnehmer sich wirklich bemüht haben, das Agile Manifest zu verstehen und sich intensiver damit zu beschäftigen.

Um zu verhindern, dass theoretische Themen als notwendiger Lernstoff abgetan werden und möglicherweise dem Vortrag nicht mehr gefolgt wird, kann ich aus meiner Perspektive sagen, dass die aktive Beteiligung der Lernenden nicht nur immens Spaß macht, sondern dadurch auch das selbst erworbene Wissen tiefer verankert wird. Die Lernenden kommen aus der Konsumhaltung heraus und gestalten ihren Lernprozess. Sie lernen mit agilen Methoden die agilen Methoden.

Zum Abschluss

Zum Abschluss würde ich gerne Freiwillige bitten, diese Übung auch mal auszuprobieren. Testet es doch auch mal in eurem nächsten Vortrag oder Workshop. Es wäre mir eine Freude eure Erfahrungen zu lesen.

Was haltet ihr von dem verkürzten Prinzip: „Einfachheit ist essenziell.“?

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